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HOAI - News zu Mindest- und Höchstsätzen im EuGH

Am 04.07.2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Regelung von zwingenden Mindest- und Höchstsätzen in der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI (in der Fassung von 2013)) gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie verstößt.

Die Entscheidung

Die HOAI war bislang durch die Regelung von Mindest- und Höchstsätzen als zwingendes Preisrecht ausgestaltet (§ 7 Abs. 1 HOAI). Eine Unterschreitung der Mindestsätze war gem. § 7 Abs. 3  HOAI nur in seltenen Ausnahmefällen zulässig. Vergleichbares galt gem. § 7 Abs. 4 HOAI für die Überschreitung von Höchstsätzen.

Der EuGH sah hierin einen Verstoß der Bundesrepublik Deutschland gegen europäisches Recht, weil die HOAI mit ihren zwingenden Mindest- und Höchstsätzen die Niederlassungsfreiheit und den gerechten Marktzugang in den Mitgliedstaaten der EU unzulässig beschränke.

Im Vorfeld hatte sich die Bundesrepublik Deutschland - unterstützt von den Interessenverbänden sowie auch von der AIA AG - dafür eingesetzt, die HOAI unverändert beizubehalten. Hauptargument war die gutachterlich unterlegte Begründung, dass die Mindestsätze der HOAI eine Qualitätssicherung gewährleisten. Das vornehmliche Ziel der HOAI sei die Sicherung eines hohen Qualitätsstandards der Architekten- / Ingenieurleistungen und des Verbraucherschutzes.

Der Generalanwalt hatte dies in seinem Plädoyer zurückgwiesen und einen solchen Zusammenhang nicht gesehen.

Dahingegen hat der EUGH in seinem Urteil bestätigt, dass ein Zusammenhang zwischen Mindestpreis und Qualitätssicherung bestehen kann. So könnten verbindliche Mindestsätze durchaus geeignet sein, eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu gewährleisten. Gleichwohl kommt der EuGH zu dem Ergebnis, dass die Regelung eurparechtswidrig sei, weil die Bundesrepublik Deutschland die Ziele nicht in kohärenter und systematischer Weise verfolgt. Die Inkohärenz wird damit begründet, dass die Erbringung von Planungsleistungen in Deutschland nicht ausschließlich Personen vorbehalten sei, die eine reglementierte Tätigkeit ausübten. Es gebe jedenfalls keine Garantie, dass die Planungsleistungen ausschließlich von Dienstleistungserbringern erbracht würden, die ihre entsprechende fachliche Eignung nachgewiesen hätten.

Die Folgen

Mit dem Urteil des EuGH verliert die HOAI als solche nicht Ihre Bedeutung als Berechnungsgrundlage für die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen. Abgesehen von den Regelungen zu Mindest- und Höchstsätzen werden die übrigen Regelungen der HOAI nicht beanstandet. So kann z.B. die Darstellung der Planungsprozesse in den Leistungsphasen weiterhin als Vertragsgrundlage verwendet werden. Es wird also lediglich dem Gesetz- / Verordnungsgeber untersagt, zwingende Mindest- oder Höchstsätze vorzuschreiben.

Für bereits vor dem Urteil des EuGH geschlossene Verträge, denen die HOAI zugrunde gelegt wurde, gilt die HOAI unverändert fort, da sich hier die Vertragsparteien gegenseitig verbindlich auf eine Vergütungsregelung geeinigt haben.

Allerdings können Architekten / Ingenieure im Falle einer Unterschreitung der Mindestsätze künftig nicht mehr das Honorar vom Auftraggeber verlangen, welches den Mindestsätzen entspricht. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass auf der Grundlage der Entscheidung des EuGH auch mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarungen Bestand haben.

Bereits vor dem Urteil des EuGH geschlossene Verträge ohne Honorarvereinbarungen sind von der Entscheidung des EuGH nicht betroffen. Es gilt weiterhin die gem. § 7 Abs. 5 HOAI unwiderlegliche Vermutung der Vereinbarung des Mindestsatzes. Hier wird nicht ein zwingender Mindestsatz vorgeschrieben, sondern eine Auslegung für den Fall des Fehlens einer schriftlichen Vereinbarung vorgenommen.

Bei Abschluss neuer Verträge kann die HOAI in ihrer bisherigen Form weiter vereinbart werden. Dabei steht es den Parteien im Rahmen der Vertragsautomomie frei, auch Mindestsätze zu vereinbaren.

Die pratkischen Auswirkungen auf den Markt und die Preisfindung sind schwer einzuschätzen.

Als wirksames Instrument einer angemessenen Preisfindung -auch ohne Mindest- und Höchstsatzregelungen- sollte die HOAI unbedingt bei Vertragsabschlüssen zu Architekten- und Ingenieurleistungen zugrunde gelegt werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass klare und detaillierte schriftliche Vertragsvereinbarungen das beste Mittel sind, um streitigen Auseinandersetzungen vorzubeugen.

Auch wenn es sich bei der HOAI nur um Preisrecht handelt, so liefert sie doch für alle Vertragsparteien etwa mit der Beschreibung der Planungsprozesse in den Leistungsphasen mit den einzelnen Leistungsbildern eine ausgereifte und brauchbare Vertragsgrundlage.

Gerade kleinere und mittlere Büros sollten sich künftig auf einen verstärkten Preiskampf einstellen und vorbeugende Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören neben sorgfältigen schriftlichen Vereinbarungen unter Einbeziehung der HOAI auch gut durchdachte und umgesetzte Akquisemaßnahmen sowie ein gut funktionierendes Büromanagement mit einer realistischen Einnahmen / Ausgaben – Kalkulation. Hierfür sind die Dienst- und Serviceleistungen der Dienstleistungsgesellschaft für Architekten und Ingenieure (DG GmbH) ab sofort noch wertvoller als bisher. Selbstverständlich wird die Honorarverrechnungsstelle der DG GmbH Sie auch künftig tatkräftig bei der Durchsetzung Ihrer Honorarforderungen unterstützen. Aber insbesondere die darüber hinausgehenden Dienste wie die Unterstützung bei der Vertragsgestaltung durch Musterverträge und Vertragsprüfungen sowie Softwarelösungen für das Büromanagement und die digitale Verwaltung der Projekte können zu dem Erfolg Ihres Büros beitragen.

Wie geht es weiter?

Die Bundesregierung ist nun gehalten, in einem Gesetzgebungsverfahren entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Dies könnte z.B. vergleichbar zur Anpassung der Steuerberatervergütungsverordnung darauf hinauslaufen, dass die Mindest- und Höchstsätze durch Regelsätze mit Angemessenheitsvorbehalt ersetzt werden.

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